Daily Prophet: Ausgabe 6, Dezember

Ausgerechnet Appleby-in-Westmorland hat es nun erwischt. Die Kleinstadt im Nordwesten Englands mit einer größtenteils magischen Bevölkerung ist wohl am besten für ihr Quidditch-Team die Appleby Arrows berühmt, das in dieser Saison der britisch-irischen Liga bereits einige Siege errungen hat. Diese Woche machte die Ortschaft jedoch auf andere Weise Schlagzeilen; Appleby Castle, die Burg am Ufer des Fluss Edens, hat seit neustem ein paar neue Bewohner, die in der ganzen Stadt für Aufruhr sorgen. Bereits im 12. Jahrhundert erbaut, hat Appleby Castle viele Zauberer- und Muggel-Familien kommen und gehen sehen, doch noch nie hat es eine Poltergeist-Familie gegeben. Die meisten Besitzer des Anwesens hatten sich bemüht, ihre Behausung Spuk-frei zu behalten, und Poltergeister und andere Plagen rechtzeitig entfernen lassen, bevor sie es sich zu gemütlich machten, doch vor einigen Wochen nisteten sich innerhalb weniger Tage gleich zwei Poltergeister in Appleby Castle ein, und seitdem hat dort niemand mehr ein Auge zu tun können. Anfangs hatten die beiden – Priscilla und Preet, wie sie sich später vorstellten – aneinander vorbei gespukt, doch sobald sie bemerkten, dass sie nicht allein waren, entbrannte ein Krieg um das Territorium. Bücherregale schwankten, Geschirr flog aus den Schränken, Türen knallten so fest, dass sie aus den Angeln flogen, während die beiden Pagegeister einander durch das Schloss jagten. Jegliche Versuche, sie im Zaum zu halten, scheiterten kläglich, und die Bewohner brachten sich und ihre liebsten Besitztümer in Sicherheit, bevor es zu spät war. Doch dann war plötzlich Ruhe. Diese hielt jedoch nur lang genug an, dass sich die Familie samt Personal sicher genug fühlten, sich wieder zurück in das Schloss zu trauen. Sobald der letzte Bewohner zurück gezogen war, und alle gemeinsam feiern wollten, dass sich die beiden Poltergeister anscheinend gegenseitig verscheucht hatten, brachten Preet und Priscilla ihren großen Auftritt: Wie ein Wirbelwind flogen sie aus der Küche und hinterließen den gesamten Speisesaal in Trümmern. Wer dachte, dass Krieg zwischen zwei Poltergeistern unerträglich wäre, hat noch kein Bündnis zwischen zweien erlebt. Nun herrscht nicht nur Chaos auf der Burg, die gesamte Stadt bekommt den Lärm mit, den die beiden veranstalten. Offensichtlich haben sie sich entschieden, gemeinsam gegen die Menschen vorzugehen, und keiner von beiden hat vor, sich allzu schnell verscheuchen zu lassen. Die Unmut in Appleby wächst Nacht für Nacht, und ein Sonderkommando aus dem Ministerium wurde bereits bestellt.

08.12.2000, BENEDICT BUCKLING 

Zum Weihnachtsfest kennt man viele Rituale, die in der Familie oder im Bekanntenkreis bereits deutlich ausgeprägt sind, dazu kann das gemeinsame verspeisen von Festtagsmahlen, das traditionelle Geschenkeauspacken bei Kerzenschein, oder nunmal auch das gemeinsame Singen von romantischen Festtagsliedern gehören. Für die Liebhaber von genau diesem, letzteren Punkt gab es nun in diesem Jahr als Neuheit eine zunächst einmalige Möglichkeit, nicht nur ihren kleinen Familienkreis, sondern die Allgemeinheit der Zauberer mit den wohligen Klängen ihrer Musik zu verzücken und in festtägliche Stimmung zu bringen, denn in diesem Jahr fand zum ersten Mal in der Geschichte der Zauberei ein Konzert statt, welches für jedermann ist, ob groß, ob klein, die Bühne steht jedem nach einem kleinen Vorsingen offen. Organisiert und gesponsert wird diese ganze Veranstaltung von der englischen Hexe und Sängerin Jacobina Leyed, welche in einem kurzen Interview bei dem Konzert erklärte, dass sie sich sicher war, dass in jedem Menschen auf dieser Erde Talent stecke und demnach auch jeder die Möglichkeit bekommen sollte, sich zu präsentieren. Ob also mit Klavierbegleitung, anderem Instrumental oder a kapella: Die Musiker dieser Veranstaltung bereiteten allen Anwesenden in der Zuhörerschaft eine atemberaubende Erfahrung. Journalisten des Tagespropheten, die an diesem Event ebenfalls teilnahmen, berichteten von gänsehauterregenden Momenten, hervorgerufen durch unglaublich harmonierende Stimmen von Familien oder herzergreifendes Klavierspiel einiger kleinerer Kinder. Nicht wenige im Publikum ließen sich von den Beiträgen an diesem Abend zu Tränen rühren, doch auch die härteren Genossen fanden ein Gefühl des Friedens in dieser denkwürdigen Nacht. Nicht wenige empfanden, laut einer Umfrage, beim Verlassen des Ortes des Geschehens das Verlangen nach weiteren solcher Events, manche berichteten, sie hätten ihren Seelenfrieden in den Klängen der güldenen Stimmen gefunden, andere erzählen wie in ekstatischem Zustand, sie hätten den Geist der Weihnacht gesehen. Zusammenfassend kann man also sagen, dass das Event mehr als erfolgreiche Auswirkungen auf die allgemeine Zufriedenheit zeigte und somit eine wiederholungswürdige Weihnachtstradition darstellen könnte, die seit diesem Jahr als unabdingbar zum Weihnachtsfest vieler Hexen und Zauberer dazugehört. Auch der Tagesprophet wünscht in diesem Sinne ein wunderbares Weihnachtsfest und die besten Vorsätze für das kommende Jahr.

28.12.2000, JUNO